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Austellung Austellung

Alfredo Jaar Five Women Zürich
10.12.2022–23.3.2023
Für den jüngsten «Artists for Tichy – Tichy for Artists» Tausch, bei dem jeweils Werke von Miroslav Tichý mit Werken von zeitgenössischen Künstler:innen getaus- cht werden, schuf Alfredo Jaar die neue Installation «Five Women».

Es freut und ehrt uns sehr, die Installation «Five Women» des chilenischen Künstlers Alfredo Jaar bei Tichy Ocean Zürich präsentieren zu können.

Mit den Portraits dieser «Five Women» verfolgt Alfredo Jaar seine Absicht 100 bedeutende Frauen institutionell zu präsentieren, die allgemein noch immer weniger Beach- tung finden als ihre männlichen Pendants, weiter. 2019 präsentierte Alfredo Jaar in der 14. Sharjah Biennale sein laufendes Projekt mit dem Titel «33 Woman». So ehrt es uns sehr, dieses Projekt mit fünf Frauen weiterführen zu können und nach den mehrheitlich anonymen Frauen aus Kyjov von Miroslav Tichý nun diese fünf Kämpferinnen zu zeigen und einen kleinen Beitrag dazu zu leisten, sie bekannter zu machen.

Alfredo Jaar’s «Five Women» rückt fünf ausserordentliche Frauen im buchstäblichen Sinn ins Schweinwerferlicht: Die fünf kleinformatigen, fotografischen Portraits werden im abgedunkelten Ausstellungsraum von je fünf Scheinwerfern beleuchtet. Die 25 Scheinwerfer auf ihren dreifüssi- gen Stativen füllen den Raum und geben den Weg der Besucher:innen vor, die selbst zu Schauspieler:innen in einem Schattenspiel werden. Das Licht und die sich überlagernden Schatten schaffen eine sogfältig komponi- erte, theatralische Inszenierung der fünf Frauenportraits. Sie bestimmen die Begegnung der Besucher:innen mit den Frauen.

Die Fünf Frauen sind die tschechoslowakische Politikerin, Widerstandskämpferin und Frauenrechtlerin Milada Horáková, die tschechische Journalistin, Schriftstellerin und Übersetzerin Milena Jesenská, die tschechische Soziologin, Politikerin und Aktivistin Alice Garrigue Masaryk (auch Masaryková), die polnische Anthropologin und Roma Aktivistin Anna Mirga-Kruszelnicka, und ts- chechische Frauenrechtlerin und Aktivistin Johanna Nejedlová. Während Horáková, Jesenská und Masaryk drei der bedeutendsten Frauen der tschechischen Geschichte waren, sind Mirga und Nejedlová zwei junge Frauen, die sich heute aktiv für Frauenrechte und marginalisierte Gruppe engagieren.

Dr. Anna Mirga-Kruszelnicka war Aktivistin für die Rechte der Roma, Mitbegründerin und Mitglied verschiedener Roma-Jugendorganisationen und ist derzeit Mitglied im ternYpe (International Roma Youth Network). Sie ist Mitbegründerin und Mitglied der Allianz für das European Roma Institute (ERI) und stellvertretende Geschäftsführerin des European Roma Institute for Arts and Culture (E-RIAC) in Berlin/Deutschland.

Johanna Nejedlová ist Mitbergründerin von Konsent, das sich darauf spezialis- iert hat, sexuelle Gewalt an Frauen zu
verhindern und eine sichere Umgebung für Frauen zu schaffen. 2019 erhielt sie den «Women in Youth Activism Award», und schlug dabei Klimaaktivistin Greta Thunberg.

Milada Horáková wurde 1950 vom stalinistischen Regime in der damaligen Tschechoslowakei zum Tode verurteilt und gehängt. Sie setzte sich früh für die tschechische Frauenbewegung ein und ging in den Widerstand sowohl gegenüber dem Nazionalsozialismus (1938 – 1945) wie auch gegenüber der kommunistischen Diktatur nach der Machtübernahme von 1948. Als Parlamentsabgeordnete trat sie für politischen Pluralismus ein, der allein Freiheit und Individualis- mus schützen konnte, legte aber 1948 ihr Mandat ab und ging in den Untergrund, bis sie dann wegen «antisowje- tischer Konspiration», «Hochverrats», «Spionage» und «umstürzlerischem Verhalten» verhaftet und in einem öffentlich ausgetragenen Schauprozess verurteil wurde.

Milena Jesenská war eine Journalistin, die während des Nationalsozialismus ebenfalls in Widerstandskampf ging und Juden, wie jüdischen und nicht-jüdischen Emigrant:innen zur Flucht verhalf, und Funktionär:innen der Tschechoslowakischen Kommunistischen Partei vor der Gestapo versteckte. Sie wurde 1939 dann aber selbst von der Gestapo verhaftet und kam ins Konzentrationslager Ravensbrück, wo sie 1944 an den Folgen einer Nierenoperation starb. Bekannt wurde Milena Jesenská allerdings vor allem als «Kafkas Freundin», mit dem sie 1920 einen regen, romantischen Briefwechsel pflegte.

Alice Masaryková wurde in Wien geboren und war das erste von vier Kindern des Ehepaares Tomáš Garrigue Masaryk und der US-Amerikanerin Charlotte Garrigue. Ihre Geschwister waren Herbert, Olga, Eleanor und Jan Masaryk, der von 1940 bis 1948 Außenminister der Tschechoslowakei war und 1948 vom kommunistischen Geheimdienst ermordet wurde. Alice Garrigue Masaryk wurde 1915 wegen den nationalen tschechischen Bestrebungen ihres Vaters gegenüber dem Habsburgischen Regime in Wien inhaftiert. Auch nach der Inhaftierung, aus der sie dank einer von ihrem Vater organisieren Petition mit 40’000 Unterschriften von amerikanischen Persönlichkeiten entlassen wurde, war es ihr nicht erlaubt Soziologie zu unterrichten, weshalb sie den Unterricht von Zuhause aus anbot. Nach dem Ersten Weltkrieg begründete ihr Vater Tomáš Garrigue Masaryk die Tschechoslowakei mit und wurde ihr erster Staatspräsident (1918 – 1935). Alice Masaryková selbst wurde eine der ersten Frauen im Parlament und Präsidentin des Roten Kreuzes. Nach dem Tod ihrer Mutter übernahm sie ihre Repräsentantinnenrolle und wurde gerne «First Lady» genannt. Mit der NS Inva- sion 1938 flüchtete sie nach Chicago, wo sie 1966 starb.