Geboren 1927 in New York, USA, lebt in New York
Seit den frühen 1960er Jahren malt Alex Katz Menschen, mit besonderem Fokus auf Porträts. In dieser Hinsicht galt er als ein Künstler, der nicht den damals anerkannten Strömungen der amerikanischen Kunstszene folgte. Wer konnte zu dieser Zeit noch menschliche Porträts malen, nachdem die expressiven abstrakten Gemälde von Jackson Pollock und die strengen formalistischen Arbeiten von Barnett Newman die Bühne beherrschten? Katz ist vielleicht der einzige Maler, der dies tat, und selbst er ist sich nicht ganz sicher, ob Porträts noch als „moderne Kunst“ gelten können. Daher verlässt er sich nicht nur auf seine eigene Wahrnehmung und seinen Pinsel, sondern wird oft durch Weitwinkel-Fotografie unterstützt, die er als Grundlage für seine Gemälde nutzt. Er ist auch von Film und den Möglichkeiten fasziniert, zufällige Objekte oder Menschen mit der Kamera zu vergrößern und zu zoomen. Katz entwickelte diesen Ansatz weiter, sodass seine Porträts trotz aller konventionellen Vorstellungen in gewisser Weise zeitgenössisch erscheinen.
Die Art und Weise, wie Katz Linien behandelt, ist auffällig. Seine Linien sind klar definiert. Sie trennen das Gesicht vom Hintergrund, bilden die Augen, den Mund und die Augenbrauen und verleihen den Gesichtern fast eine altägyptische Erscheinung. Und tatsächlich war Katz zu Beginn seiner Malerkarriere von altägyptischen Porträts sowie Ikonen beeinflusst. Er übernahm nicht nur die charakteristische Kraft der Linien aus Ikonen, sondern auch die spezielle Art und Weise, Licht zu manipulieren. Die Gesichter auf Katz‘ Gemälden werden nicht von natürlichem Licht erleuchtet. Im Gegenteil, das Licht scheint von den gemalten Subjekten selbst auszugehen, die sich zu etwas surrealistisch anmutenden Wesen verwandeln.
Ein weiteres auffälliges Merkmal ist die Steifheit, mit der die Porträts dargestellt sind. Dies ist tatsächlich das, was Katz‘ Gemälde von der zeitgenössischen Kunst abhebt. Seine Porträts werden meist frontal gemalt, selten im Profil. Und obwohl die dargestellten Personen in Bewegung sind, erscheinen sie immer vom Leben abgeschnitten. Vom Körperlichen oder Sinnlichen entfernt, verwandeln sie sich in Oberflächen, Farben, Linien und Licht. Und dennoch sind es Gesichter und Körper dieser Welt. Was dies offenbart, ist eine gewisse zarte, fast verletzliche Schönheit. Eine Schönheit, die das bewusste Ziel dieses Künstlers von Anfang an war. Eine Schönheit, die trotz ihres Ursprungs in der realen Welt alle gemeinen, alltäglichen, vergänglichen Gewissheiten blockiert. „Ich glaube nicht an die Existenz von Wahrheit. Ich glaube an Schönheit“, erklärte Katz vor einigen Jahren. Und er hat nie aufgehört, an die traditionelle Malerei zu glauben.
Text von Noemi Smolik