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Beate Gütschow Beate Gütschow

Geboren 1970 in Mainz, lebt in Köln und Berlin

Ihre riesigen, farbenfrohen Fotografien zeigen eine ruhige Landschaft mit üppigen, grünen Wiesen, umgeben von uralten Bäumen, abschüssigem Gelände, von Sträuchern gesäumten Bächen und sanften Hügeln im Hintergrund. Inmitten dieser idyllischen Landschaft stehen häufig Menschen, die gedankenverloren die Schönheit der Natur betrachten. So muss die Natur im gelobten Land Arkadien ausgesehen haben – zumindest wird sie uns oft so präsentiert. Die französischen Maler des 17. Jahrhunderts, Claude Lorrain und Nicolas Poussin, sowie die romantischen Landschaftsmaler des 19. Jahrhunderts malten auf diese Weise – und Beate Gütschow sieht dies ganz ähnlich. Doch bei genauerem Hinsehen kommt Ernüchterung auf. Das Gras scheint zu grün, die Bäume wirken, als hätten sie künstliche Rinde, und das Licht, das die Baumwipfel erhellt, fällt aus einer anderen Richtung als die Sonnenstrahlen, die auf der Wasseroberfläche glitzern. Und was ist mit dem Fahrrad, an das sich eine der betrachtenden Personen lehnt? Irgendetwas stimmt hier nicht.

Tatsächlich sind Gütschows Fotos nicht das, was sie zu sein scheinen: Sie zeigen keine realistische Landschaft. Zwar bestehen sie aus Landschaftsaufnahmen, die die Künstlerin selbst an unterschiedlichen Orten gemacht hat, doch werden diese am Computer weiterverarbeitet. Sie stellt die Fotos und Bildausschnitte zu Kompositionen zusammen, die bewusst an romantische Landschaftsvorstellungen anknüpfen, wie wir sie aus der europäischen Malerei kennen. Zudem verstärkt sie mithilfe des Computers die Farben, schärft oder mildert Konturen ab und spielt gelegentlich mit den Lichteffekten. Diese manipulierten Fotografien der Serie „LS – Landschaft“ konfrontieren uns mit unseren eigenen Vorstellungen von Natur. Gibt es so etwas wie ursprüngliche Natur überhaupt, oder ist Natur schon immer nur ein kunstvoller und künstlicher Weltentwurf gewesen – so, wie wir ihn aus gemalten Bildern kennen? Lässt sich der Begriff der Natur überhaupt von dem der Kultur trennen?

Und wie sieht unsere Vorstellung von Stadt aus? In ihrer Serie „S – Stadt“ setzt sich Gütschow ebenso mit den modernistischen Fantasien von Architekten wie Le Corbusier auseinander. Wir sehen leere Betonflächen, zweigeschossige Straßen, fensterlose Gebäude, Rampen und Wohnhochhäuser, die Anonymität und Einsamkeit vermitteln. So sieht die urbane Schwarz-Weiß-Welt dieser Künstlerin aus. Vielleicht erscheinen die Fotos ihrer Serie „I – Innenraum“ (Interior) einladender. Doch auch hier scheint unsere Welt vor allem durch den kalten Funktionalismus technischer Geräte geprägt zu sein.

Text von Noemi Smolik