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Else Twin Gabriel Else Twin Gabriel

Else Gabriel, geboren 1962 in Halberstadt, Deutschland, wohnhaft in Berlin

Ullf Wrede, geboren 1968 in Potsdam, Deutschland, wohnhaft in Berlin

Die 1960er Jahre sind bekannt für die Einführung der „individuellen Mythologie“ in die Kunstwelt. So bezeichnete der Kurator der Documenta 5 in Kassel 1972 die künstlerische Bewegung, die sich auf das Individuum und oft sehr private Erfahrungen konzentrierte, die die Welt eines Künstlers erschaffen. Dieser Ansatz war eine radikale Veränderung im modernistischen Kunstverständnis der 1960er Jahre, das die private Sphäre zugunsten des erhabenen Denkens unterdrückte, wie es von den amerikanischen abstrakten Expressionisten gezeigt wurde.

Heute ist es eher üblich, dass Künstler diese Elemente in ihre Arbeiten einfließen lassen. Und von Anfang an waren es vor allem Künstlerinnen, die dieser Bewegung folgten, nicht nur weil sie sich so von den damals männlich dominierten künstlerischen Tendenzen distanzieren konnten, sondern vor allem, weil es ihnen die Möglichkeit gab, nach ihrer eigenen Identität als Künstlerinnen zu suchen und diese dann zu definieren.

Else Gabriel ist eine Künstlerin, die ihre gesamte Familie in ihr kreatives Projekt Else Twin Gabriel einbezieht: Ihr Musiker-Ehemann Ullf Wrede arbeitet seit 1991 mit ihr zusammen, und sogar ihre beiden Kinder, Linus und Greta, wurden nach und nach in ihre Kunst eingebunden. Vielleicht als Parodie auf die heroischen Schöpfungen mit den Pinseln ostentativer amerikanischer Maler, verwendete Gabriel 2007 ihre kleine Tochter als Pinsel in ihrer Performance „Kind als Pinsel (Kooperatorka)“ (Child as a Brush (Collaborator)). Sie hat auch mit ihren Kindern in „Die Heiligen Familien“ oder „Flucht aus Ägypten“ aufgeführt. 2006 ging Gabriel mit ihren Kindern zum Berliner Arbeitsamt und wartete in einer Schlange wie gewöhnliche Arbeitslose. Diese „Warteschlange“ dokumentierte sie mit Fotografien. „Es ist teilweise inszeniert, aber wir haben uns auch tatsächlich mit den Leuten angestellt“, erklärt Gabriel über ihre Fotoserie aus der Welt der Arbeitslosen, die nicht oft Thema der Kunst sind.

Diese Autorin ist auch in der Lage, Reaktionen zu provozieren, wie in ihrer Serie „Die tote Familie“ (The Dead Family) von 2004: Die Bilder einer toten Familie nehmen bewusst Bezug auf den Suizid der Familie Goebbels sowie auf die toten Terroristen der RAF, wie sie von Gerhard Richter nach Polizeifotos dargestellt wurden. Der Tod, der in der Kunst über hunderte von Jahren präsent war – wenn wir an die Kreuzigung Christi denken – wird in der zeitgenössischen Kunst größtenteils vermieden. Warum? Wie Gabriel erklärt: „Der Tod, selbst mit Würde betrachtet, stellt immer etwas Grauenhaftes dar, etwas seltsam Abstoßendes, mit dem sich die Leute sofort unwohl fühlen.“

Text von Noemi Smolik