Geboren 1979 in Freiburg (Schweiz), lebt in Zürich
Die Scans, Fotografien und Drucke von Fabian Marti wimmeln von vertrauten Symbolen: Totenschädel, keltische Kreuze, Kristalle oder ungewöhnliche Steinformationen, Messer mit gekreuzten Klingen, afrikanische Statuen und retuschierte Fotos antiker Tempelruinen. Doch es ist nicht nur die semantische Ebene, die die Bildwelt dieses Künstlers bestimmt. Auch die Art und Weise, wie er diese Welt erschafft, ist oft innovativ. Marti manipuliert den fotografischen Prozess manuell – er lässt Staub auf dem Fotopapier zurück oder ritzt die Oberfläche mit einer Rasierklinge ein. Zudem nutzt er alle Formen digitaler Bearbeitung, um beispielsweise Fotografien afrikanischer Skulpturen mit späteren Bildern von Francis Picabia zu verknüpfen. Manchmal verwendet er einen Fotokopierer wie ein Röntgengerät: So ließ er etwa einen Pilz zwölf Stunden lang auf der Glasfläche liegen, entfernte ihn anschließend und belichtete die Sporen, ohne das Glas zuvor zu reinigen. Auf dem schwarzen Hintergrund erscheint ein weißer Ring, der organische Partikel sichtbar macht – die Samen neuen Lebens.
Die Ergebnisse solcher Prozesse und Eingriffe erinnern an etwas zwischen ästhetischen Plattencovern von Heavy-Metal-Alben, der Strenge ethnografischer Fotodokumente, der Avantgarde-Grafik der 1920er Jahre und der kühlen Eleganz von Schnappschüssen aus den 1950ern. Trotz der unterschiedlichen Ausdrucksformen in Martis Bildwelt haben alle Werke eines gemeinsam: eine geheimnisvolle Aura.
Marti präsentiert seine Fotografien, Drucke und auch Filme in architektonischen Konstruktionen, die wie aus Sockeln für Statuen zusammengesetzt wirken – jenen Sockeln, wie sie üblicherweise in Museen zu finden sind. Seine weiß bemalten Holzkonstruktionen, die zusammengeschraubt und -genagelt sind, erinnern an riesige Kristalle oder an Kurt Schwitters’ berühmten Merzbau. Man kann sie wie geheimnisvolle Höhlen betreten, während ihre skulpturalen Außenflächen gleichzeitig als Präsentationsflächen für keramische Skulpturen dienen, die Marti selbst geschaffen hat. Es mischen sich Archaismus und strenge Geometrie der Moderne, berechnete Formen und unkontrollierbares organisches Wachstum. Und genau das interessiert Marti: das gleichzeitige Auftreten kultureller Phänomene, die einst räumlich und zeitlich voneinander getrennt waren. Eine afrikanische Statue und die eleganten Linien Picabias, antike Ruinen und elektronisch manipulierte Bilder, als wären es primitive Keramiken und iPhone-Fotos – alles tritt in Beziehung zueinander, alles provoziert neue Assoziationen, Vorstellungen und Projektionen. Alles öffnet Wege zur Erinnerung und bringt immer neue Bilder hervor – ganz so wie das unaufhörliche Wachstum eines Pilzes.
Text von Noemi Smolik