Geboren 1978 in Thurgau, Schweiz, wohnhaft in Zürich
Teilweise ein wissenschaftliches Labor, teilweise eine geheimnisvolle alchemistische Kammer – so sehen die Installationen von Florian Germann aus, einem Künstler der neuen Generation, der von einem in Großbritannien lebenden deutschen Autor, W.G. Sebald, beeinflusst ist. Für viele englische und deutsche Künstler wurde er zu einem Kultautor. Ähnlich wie Sebald mischt Germann in seinen Kunstwerken Fakten mit Fiktion. Diese Künstler verwurzeln sich in realen Erzählungen, die so weiterentwickelt werden, dass es unmöglich wird, zu bestimmen, wo die Realität endet und wo die Fiktion beginnt.
Auch in Florian Germanns Arbeiten ist dies der Fall: Die ursprünglichen Motive seiner Kunstwerke sind hauptsächlich Themen wie Energie („Ballungscenter aller Energien I & II“ aus den Jahren 2007–08) oder mythologische und historische Erzählungen („Der Werwolf von Wien“ aus 2009, „Saint Helena – Reichtümer aus den Tiefen der Berge“ aus 2010) – also Phänomene, die entweder wie die Transformation von Energie realer, aber schwer zugänglicher menschlicher Erfahrungen sind oder wie eine Vorstellung, die von Anfang an am Rande von Realität und Fiktion existiert.
Auch der deutsche Begriff Poltergeist ist ein Phänomen, das am Rande von Realität und Fiktion existiert. Es ist gekennzeichnet durch mysteriöse Umstände wie schwebende Tische, knarrende Türen, Stimmen von Toten, sich öffnende Särge, einfach okkulte Phänomene, die physikalisch nicht erklärt werden können und zur Parapsychologie und spirituellen Welt gehören. Genau dieses Spiritualismus- oder Poltergeist-Phänomen greift Germann in seiner ersten institutionellen Ausstellung im Migros Museum für Gegenwartskunst in Zürich auf, die eloquent „Die Poltergeist-Experimentalgruppe (PEG). Angewandte Spiritualität und Physischer Geist“ genannt wird.
In seinen Installationen aus verschiedenen Kleidungsstücken, Stangen, Orgelpfeifen, Leitern und verschiedenen Kabeln möchte Germann die Beziehungen zwischen übernatürlichen Phänomenen, Ritualen, Alchemie und Wissenschaft aufrufen. Eine wichtige Rolle spielt dabei für ihn der Ektoplasma – eine Substanz, die in der Parapsychologie verwendet wird und Erscheinungen materialisieren lässt. „Ektoplasma ist ein synästhetisches Material und es entspricht physischen Stimmungen“, erklärt Germann. Aber wie sieht eine physische Stimmung aus? Es sind diese oft absurden Fragen, die den Kern von Germanns Interessen ausmachen.
Text von Noemi Smolik