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Georg Herold Georg Herold

Geboren 1947 in Jena, lebt in Düsseldorf

Als Georg Herold 1977, noch als Student, eine Holzlatte an eine Wand lehnte, war das ein entscheidender Schritt in Richtung seiner künstlerischen Zukunft. Bis heute bilden Latten buchstäblich das Rückgrat seines Werks. Aus ihnen fertigt er Bilderrahmen, die ohne Leinwand an der Wand hängen. Sie dienen als Gerüst für Skulpturen aus zusammengenähtem Leinwandstoff oder als Träger für tiefsinnige philosophische Maximen ebenso wie für humorvolle Notizen. So etwa glitzert der Name „Goethe“ auf einer endlos langen Latte. Daneben duckt sich ein kurzes, zerbrochenes Stück Holz mit der Aufschrift: „ein Verlierer im Vergleich“. Und so lächerlich oder unerträglich banal dieser Vergleich erscheinen mag, er offenbart doch sehr deutlich das Wesen dieses Künstlers: den Aufstand gegen alle hochtrabenden Ziele der Kunst. Herold – so etwas wie ein Hofnarr der Kunstwelt – stellt sich unnachgiebig gegen die seit dem 19. Jahrhundert vorherrschende Vorstellung, Kunst sei etwas Erhabenes, das über dem Alltag steht. Herolds Ziel ist nicht die „hohe Kunst“, sondern die alltägliche Erfahrung in all ihrer Groteske, ihrer kafkaesken Absurdität, ihrer Banalität, die sich jedem Versuch zu entziehen scheint, sie zu überhöhen.

Neben seinen Lattenarbeiten klebt Herold Ziegelsteine auf Leinwände, deren Gewicht beim Aufhängen Risse und Falten erzeugt, sodass die Bilder wie zerknüllte Lappen wirken. Immer geht es darum, hohe Kunst mit dem Alltag zu versöhnen. Natürlich ist dieser Versuch zum Scheitern verurteilt. Doch Herold genießt dieses Scheitern – mit Humor. Und genau das zeigen seine Werke auch: bei aller Unversöhnlichkeit eine gewisse Zerknirschtheit, eine fast entschuldigende Haltung. Denn wir alle kennen diese Situationen, in denen nach einem Unglück nur noch ein Rest Humor bleibt.

Seit den 1980er Jahren malt Herold mit Beluga-Kaviar, einer der teuersten Sorten der Welt. Er bringt die Kaviarkörner auf die Leinwand auf und überzieht sie mit Lack. Das Ergebnis erinnert bewusst an Werke amerikanischer abstrakter Expressionisten – also jener Künstler, die als letzte im 20. Jahrhundert noch daran glaubten, das „Erhabene“ erreichen zu können. Doch Herolds Kaviar-Galaxien – oder vielmehr die Parodie auf diese Idee – zeigen teils geradezu ekelerregende Flecken auf den Bildern, gepaart mit der Leidenschaft, jedes einzelne Ei zu zählen. Doch Zahlenreihen sind stets ein Ausdruck von Distanz. Und genau diese Distanz ist es, die Herold anstrebt. „Distanz ist wichtig in der Kunst, nicht Sentiment und Authentizität“, erklärt Herold. Distanz ist eine Voraussetzung für kritisches Denken.

Text von Noemi Smolik