Geboren 1967 in Warschau, Polen, lebt in London
In einem Interview beschreibt Goshka Macuga ihre Arbeit als „eine Reaktion auf all die Veränderungen, die ich Ende der 1980er-Jahre in Polen erlebt habe“. Vor allem als Reaktion auf die trügerische kommunistische Propaganda einerseits und ihre katholische Erziehung andererseits. Durch ihre Erfahrungen mit diesen widersprüchlichen Ideologien hat Macuga erkannt, dass jede Vorstellung von einer universellen Wahrheit – ob katholisch, kommunistisch oder modernistisch – ein unwiederbringliches Relikt ist.
Seitdem versucht sie, mit ihren Skulpturen, Installationen, Fotografien, Performances und Filmen sämtliche Vorstellungen davon zu durchbrechen, wie Kunst aussehen sollte – inspiriert vom deutschen Kunsthistoriker Aby Warburg. 2008 stellte sie im Museum van Hedendaagse Kunst in Antwerpen Holzskulpturen unter dem Titel When was Modernism? aus, die eher an uralte Kultobjekte als an zeitgenössische Kunst erinnerten. Tatsächlich stammten die Werke jedoch von Studierenden der Visva-Bharati-Universität für Bildende Kunst in Santiniketan, Westbengalen, Indien. Mit diesem Perspektivwechsel parodierte sie westliche ästhetische Annahmen über zeitgenössische Kunst.
Als Macuga 2010 in die Londoner Whitechapel Gallery eingeladen wurde, zeigte sie einen Gobelin, der 1955 nach Picassos berühmtem Gemälde Guernica gewebt worden war – jenes Werk, das im UN-Gebäude in New York hängt. Als US-Außenminister Colin Powell 2003 den Irakkrieg erklärte, stand er genau vor dieser Replik des weltberühmten Antikriegsbildes – ließ sie jedoch mit einem blauen Vorhang verhüllen. Macuga präsentierte die Replik gemeinsam mit dem Vorhang unter dem Titel The Nature of the Beast in der Whitechapel Gallery – an einem Ort, an dem Picassos Werk bereits 1939 gezeigt wurde, um Spenden für die republikanische Seite im Spanischen Bürgerkrieg zu sammeln. Auch diesmal diente es vor allem als Kulisse, denn vor dem Bild wurde ein großer Konferenztisch aufgestellt, an dem während der Ausstellung verschiedene Meetings stattfanden. Wieder vermischten sich Kunst, Propaganda und Politik.
Unvergessen ist Macugas Auftritt bei der dOCUMENTA (13), wo sie einen handgewebten afghanischen Teppich von 5 x 17 Metern präsentierte, der den verfallenen klassizistischen Palast in Kabul zeigte. Ein ebenso großer Teppich, der die Verleihung des Arnold-Bode-Preises in Deutschland darstellte, wurde parallel in Kabul ausgestellt. Und wie bei ihren vorherigen Arbeiten stellte Macuga auch hier die Frage, wie zeitgenössische Kunst eigentlich aussehen sollte – und in welchem Kontext sie steht.
Text von Noemi Smolik