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Judy Millar Judy Millar

Geboren 1957 in Auckland, Neuseeland, lebt dort und in Berlin

Enorm kraftvoll, fast aggressiv und stets voller Vitalität – so zeigen sich die Strukturen in den Werken von Judy Millar. In tiefem Schwarz gemalt, breiten sie sich über ein- oder mehrfarbige Hintergründe aus. Man kann sich die Künstlerin förmlich vorstellen, wie sie in ungehemmten Bewegungen mit Farbe und Leinwand ringt. „Ohne unseren Körper existieren wir nicht – das ist für mich unsere Erfahrung der Welt, und genau das kann Malerei unmittelbar ansprechen.“ Und so löscht sie aus, wischt weg, kratzt über die Leinwand, die durch ihre körperliche Anstrengung in ein Bild voller Spuren dieses Kampfes verwandelt wird. Ein besonders eindrucksvolles Echo dieses Ringens findet sich in Ferryman (2011). Sehen wir hier nicht einen Fährmann, der versucht, sein Boot bei Sturm in einen sicheren Hafen zu bringen – umgeben von aufgewühltem Meer und tosenden Winden, begleitet von einem Schwarm Vögel, der halb fliegt, halb stürzt? Gut möglich – Millar hat nichts gegen solche figurativen Assoziationen, doch sie verfolgt kein bestimmtes Motiv. Sie interessiert sich vielmehr für den Akt des Malens selbst und die Wirkung des Bildes als solches.

Wenn sie zu arbeiten beginnt, breitet sie die Leinwand am Boden aus, da die verdünnten Farben sonst verlaufen würden. Oft benutzt sie Werkzeuge, um ihren Körper zu verlängern – so entstehen gewaltige Spuren der Bewegung. „Das gibt mir das Gefühl, dimensionslos zu sein“, sagt sie. Indem sie mit Mitteln experimentiert, die die Begrenzungen des Körpers überwinden, weitet sie gleichzeitig die physische Malerei aus. Mithilfe von Drucktechniken werden ihre Werke überdimensional groß. In Arbeiten wie The Path of Luck (2011) wird die Vorstellung, dass sich die weiten Gesten der Strukturen in den Ausstellungsraum hinein fortsetzen und den Betrachter einhüllen, zur greifbaren Realität. Die Gemälde durchdringen die Architektur der Ausstellung in riesigen Schwüngen. Sie sind mehr als bloß eingefrorene Momente in der Zeit. Um sie zu erfassen, muss der Betrachter sich an ihnen entlang bewegen. Das Bild zieht also vorüber wie unsere alltägliche Umgebung und wie das Leben selbst – Dinge erscheinen und verschwinden wieder.

„Meine Arbeit handelt also eher von Erscheinung und Zeit als von Raum – davon, wie Dinge sichtbar werden und wieder verschwinden, wie Bilder sich formen und sich wieder auflösen, davon, wie wir unser verkörpertes Dasein mit unserem geistigen Dasein in Einklang bringen können.“

Text von Cora Waschke