Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualiseren Sie auf Edge, Chrome, Firefox.

Katharina Sieverding Katharina Sieverding

Geboren 1944 in Prag, Tschechische Republik, lebt in Düsseldorf

Als neue Medien wie Video und Fotografie in den 1960er Jahren in der Kunst an Bedeutung gewannen, waren es vor allem Frauen, die diese Medien für sich entdeckten. Dies lag unter anderem daran, dass diese Medien nicht in den konventionellen Interessensbereich der männlichen Künstler fielen, die damals insbesondere in der Malerei und Skulptur dominierten. Ein weiterer Grund war, dass diese Medien es den Künstlerinnen ermöglichten, sich auf eine viel intuitivere Weise mit ihrer eigenen Identität auseinanderzusetzen. Und genau diese Identität von Frauen und Künstlerinnen im Verhältnis zur Gesellschaft hat Katharina Sieverding von Anfang an in ihren Arbeiten thematisiert. Wie sie selbst erklärt, hat sie sich über 40 Jahre hinweg mit „Identität als Individualität und kollektive Individualisierung“ beschäftigt. Ihre Serie großformatiger Fotos aus dem Jahr 1973 mit dem Titel Transformer ist bis heute bekannt. Lebensgroß sehen wir immer wieder ihr Selbstporträt. Das Gesicht ist manipuliert, manchmal sogar mit dem Porträt ihres Lebensgefährten Klaus Mettig vermischt. So stehen wir vor Fragen: Welcher Teil des Gesichts ist noch weiblich, welcher Teil ist männlich geworden? Und was ist mit dem Ausdruck? Ist er männlich, oder gibt es noch Anzeichen von Weiblichkeit? Gibt es eine klare Grenze zwischen Frau und Mann? Und wie kann sich eine Künstlerin präsentieren, ohne den Spuren ihrer männlichen Kollegen zu folgen? Diese Fragen beschäftigten viele Künstlerinnen der 1970er Jahre. In anderen Arbeiten kombiniert Sieverding ihre eigenen Aufnahmen mit Pressefotografien. Sie verändert diese und integriert sie in markante Bilder, die von der Ästhetik der Werbung inspiriert sind. Statt jedoch gewöhnlicher Themen aus der Werbung, stattet sie die Bilder mit explosivem politischen und sozialen Inhalt aus, wie etwa den Themen Atomenergie, Umweltverschmutzung und Gewalt. Oft projiziert sie ihre Bilder direkt an die Wand und schafft so faszinierende, farbenfrohe Räume, die sowohl ästhetisch ansprechend als auch beunruhigend sind. Wie Sieverding selbst erklärt, handelt es sich um hybride flache Bilder und Räume, irgendwo zwischen Wahrheit und Fiktion, zwischen Ikonoklasmus und bildlicher Transposition. In ihrer Serie Projected Data Images ist Sieverding in den letzten Jahren zu ihren eigenen Bildern zurückgekehrt, die ihr Leben auf der Kunstszene dokumentieren. Die überarbeiteten Probedrucke aus vergangenen Jahren machen uns bewusst, dass Fotografie, wie sie von Roland Barthes verstanden wurde, in der Lage ist, Momente einzufrieren und wie eine Erinnerung zu bewahren.

Text von Noemi Smolik