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Neo Rauch Neo Rauch

Geboren 1960 in Leipzig, Deutschland, lebt in Leipzig

„Ich versuche, das Traumhafte durch Malerei zu simulieren. Ich bevorzuge zwar den Betrachter, der es als das akzeptiert, was es im Wesentlichen sein soll, nämlich ein dicht gewobenes Konzentrat aus Sinnesstrukturen, die die Sinne berühren. Und wenn man sich mehr Zeit nimmt, sich damit auseinanderzusetzen, könnte man auf eine weitere Erzählung stoßen.“ So sagte Neo Rauch, einer der bekanntesten lebenden deutschen Künstler, in seiner typisch konzentrierten Ernsthaftigkeit bei einer Pressekonferenz zur Ausstellung „Begleiter“, die 2009 in Leipzig und München stattfand. Rauch studierte Malerei an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig in den 1980er Jahren; dank des gestiegenen Interesses an der deutschen Kunst nach dem Fall der Berliner Mauer (primär gefördert von amerikanischen Sammlern) erlangte er unter dem Stichwort „Neue Leipziger Schule“ internationale Bedeutung. Rauch’s großformatige Gemälde sind sorgfältig ausgearbeitete bildliche Collagen, deren gedämpfte Farben einen Hauch von Nostalgie tragen. Figurative Motive aus dem Alltagsleben und der Geschichte, variabel präsentiert im Gewand des Sozialistischen Realismus oder des Romantizismus, werden unterbrochen von Abstraktem und Surrealem. Das Ineinander von Perspektive und dargestellten Ereignissen, von Motiv und Zeit, löst heterogene Emotionen aus, die oft auch beunruhigende Unsicherheit und einen sich windenden, nie endenden Lesefluss beinhalten, wie in einem Traum. Gleichzeitig spiegeln seine Werke den Zerfall einer von Egoismus geprägten Gesellschaft wider, in einer Welt, die ihre Orientierung verloren zu haben scheint. Rauch arbeitet nicht mit bereits vorhandenen visuellen Materialien aus Büchern oder Magazinen – Vorlagen, die als Ganzes das Endwerk antizipieren könnten. Seine visuellen Welten entstehen aus Träumen und „Zuströmen“, die, beeinflusst von der Außenwelt, ein inneres Archiv bilden. Der Abschluss eines Werkes ist ein monatelanger Prozess, in dem Rauch an mehreren Stücken gleichzeitig arbeitet, die sich gegenseitig befruchten. Da Rauch nicht konzeptionell arbeitet, sondern Impulse direkt auf die Leinwand überträgt, ist er bis zum letzten Moment empfänglich für die Einflüsse innerer und äußerer Bilder. Es ist das „elementare Interesse an den Dingen“, das für ihn Malerei bedeutet. In dieser Arbeitsweise gibt es keine Unterbrechungen. Rauch selbst bekennt einen goetheschen Konservativismus, der ewige Wahrheiten den revolutionären bevorzugt: „Es gibt nur ein Fließen und Strömen und ein Nachdenken darüber, was hinzuzufügen oder wegzulassen, was zu riskieren ist, aber immer nur im Bereich dessen, was das letzte Bild gerade noch zugelassen hat, um das nächste zu ermöglichen.“

Text von Cora Waschke