Geboren 1957 in Warracknabeal, Australien, lebt in Brighton, England
Jede Beschreibung der Musik von Nick Cave, dessen weit verzweigte Karriere sich über mehr als dreißig Jahre erstreckt, muss zwangsläufig unvollständig bleiben: Mal ist sie ein wilder Strudel aus ungezähmten Strömungen – voller Klang und Wucht – dann wieder hat sie die zurückhaltende Anmut von etwas Schönem, das in Stücke zerbrochen ist.
Caves komplexes Gesamtwerk ist geprägt von Intensität, ungezügelten Emotionen und universellen Themen: Liebe, Tod, Religion. Unverkennbar ist der literarische Untergrund, der sich durch seine Liedtexte zieht: eine Vorliebe für Southern-Gothic-Literatur sowie für die Tradition der Mythenumdeutung, christlichen Erzählungen und archetypischen Figuren. Obwohl seine Obsessionen nicht neu sind, liegt die Kraft seiner Werke darin, wie er sie sich zu eigen macht: Lieder über unerwiderte oder zerbrochene Liebe, traurige Erotik, Geschichten von zutiefst fehlerhaften Männern und Frauen – von Sündern, Erlösung, umgeben von Prophezeiungen, Flüchen, einem fernen Gott.
Seine Geschichten bewegen sich zwischen Groteske und Erhabenheit, Schönheit findet sich oft an den Rändern. Diese Mischung aus Hoch- und Popkultur spiegelt sich auch in seiner Musik wider, die Noise, Free Jazz, Rock und Post-Punk mit traditionellen Balladen, Folklore und orchestralen Arrangements verbindet.
Caves langjährige Karriere in Musik und Kunst hat ein breites Œuvre hervorgebracht. Alles begann mit der Band The Birthday Party, die sich rasch einen Kultstatus erarbeitete – unter anderem unterstützt vom berühmten DJ John Peel. 1983 gründete Cave die Band The Bad Seeds, die bis heute das zentrale Element seiner musikalischen Laufbahn darstellt und ihm sowohl große Anerkennung als auch eine treue Fangemeinde einbrachte. Neben den Bad Seeds engagierte sich Cave in zahlreichen anderen Projekten: Solo-Tourneen, vielfältige Kollaborationen sowie sein jüngeres Nebenprojekt Grinderman. Gemeinsam mit Bad Seeds-Mitglied Warren Ellis komponierte er außerdem Musik für Theaterstücke und Filme.
1988 veröffentlichte Cave sein erstes Buch King Ink. Seitdem folgten ein Nachfolgeband, zwei hochgelobte Romane (die von Autorinnen wie Kritikerinnen gleichermaßen geschätzt werden), mehrere Liedtextsammlungen sowie Drehbücher.
Es ist diese rastlose Schaffenskraft, die Cave zu einer faszinierenden und liebenswerten Figur macht. Seine zentralen Themen und persönlichen Motive mögen sich im Laufe der Zeit kaum verändert haben – doch Form und Medium schon. Und so wirkt Caves Werk wie seine ganz persönliche Bibel.
Text von Fabricio Rosso