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Peter Weibel Peter Weibel

Geboren 1944 in Odessa, UdSSR, lebt in Karlsruhe

Vielleicht kennt jeder, der sich in den letzten fünf Jahrzehnten für Kunst interessiert, die Fotoserie, in der eine junge Frau durch die Stadt geht, einen Mann im Persianer-Mantel an einer Leine führend. Die Frau ist die österreichische Künstlerin Valie EXPORT, und der Mann in der Rolle des Hundes ist heute Professor und Direktor des „Zentrums für Kunst und Medientechnologie (ZKM)“ in Karlsruhe, Peter Weibel. Diese Straßenperformance mit dem Titel Aus der Mappe der Hundigkeit erregte 1968 in Wien großes Aufsehen, im Jahr der Studentenrevolten. Als junger Künstler nahm Weibel an einer öffentlichen Veranstaltung an der Universität Wien, Kunst und Revolution, teil, zusammen mit Günter Brus, Otto Muehl und Oswald Wiener – später bekannt als die Wiener Aktionisten. Während sie die österreichische Nationalhymne sangen, überschritten diese Künstler alle vorstellbaren sozialen Tabus, einschließlich Urinieren und Masturbieren in der Öffentlichkeit. Das Brechen des Gesetzes und die Auseinandersetzungen mit der Polizei waren natürlich beabsichtigt, genauso wie bei der Arbeit von Valie EXPORT, die bewusst die Emanzipation der Frau in die Arbeit der Wiener Aktionisten integrierte.

Weibels Werk konzentriert sich nicht nur auf provokante Aktionen. Ein wesentlicher Teil seines Schaffens ist auch die Sprache. Beeinflusst von prominenten Linguisten des 20. Jahrhunderts wie Ludwig Wittgenstein, Roman Jakobson und John Langshaw Austin experimentiert er mit Sprache in Bezug auf den Körper und die Gesellschaft. Das Ergebnis sind verschiedene Performances, Installationen, Filme und Videos. Weibel ist ein Pionier der Video-Kunst und war einer der ersten Künstler, der 1972 mit dem österreichischen Fernsehsender ORF zusammenarbeitete.

Als ehemaliger Mathematikstudent ist Weibel von neuer Technologie fasziniert, insbesondere von Computern, die früh Teil seiner künstlerischen Unternehmungen wurden. So schuf er eine kostspielige Installation, die mit dem Publikum interagierte. Weibel schreibt auch, veröffentlicht und hält Vorträge. Er ist zu einem der führenden Theoretiker über Kunst und Kommunikation im Zeitalter neuer Technologien geworden. Dennoch hat er andere künstlerische Unternehmungen nie aufgegeben, oft mit spürbarem Humor. Ein typisches Beispiel dafür ist sein Selbstporträt mit Messer aus 1973: ein schwarz-weißes Foto, auf dem das Gesicht des Künstlers sich in einem scharfen, polierten Messer spiegelt. In den letzten Jahren hat sich Weibel jedoch zunehmend auf die Rolle des Kunstvermittlers konzentriert. 1999 gründete er das ZKM in Karlsruhe und wurde dessen Direktor, das viele einzigartige Ausstellungen und Experimente zu Kunst und neuen Medien präsentiert.

Text von Noemi Smolik