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Polly Borland Polly Borland

Geboren 1958 in Melbourne, Australien, lebt in Los Angeles

Eine Freundin von Polly Borland beschrieb ihre Fotografien einmal so: „Sie sind schön mit einer Hässlichkeit im Inneren.“ Und genau so sieht die Künstlerin sie auch selbst. Hässlichkeit in der Schönheit und Schönheit in der Hässlichkeit – darum geht es. Aber nicht nur das: Ihre Fotos sind entwürdigend und humorvoll, schön und schrecklich, banal und doch ungewöhnlich, provokant und abstoßend. Und zugleich erfolgreich. Im Jahr 2001 war Borland eine der wenigen professionellen Fotograf*innen, die eingeladen wurden, Königin Elisabeth II. zu porträtieren. Bekannt sind auch ihre Aufnahmen von Nick Cave, der Sängerin Kylie Minogue oder der Kult-Designerin Vivienne Westwood. Borlands Arbeiten wurden u. a. in der New York Times, im New Yorker und The Independent veröffentlicht.

Trotz ihres Erfolgs empfindet Borland die Fotografie nicht vorrangig als dokumentarisches Medium. Ihre Fotografien dokumentieren nicht, sie erschaffen vielmehr eine eigene Welt, in der Träume und sexuelle Fantasien dominieren. Das ist selbst in ihren berühmten Porträts spürbar, die oft knallbunt oder auf sehr ungewöhnliche Weise inszeniert sind (etwa Kylie Minogue, zusammengerollt in einem Sessel). Ihre Träume, Wünsche und ihr Humor entfalten sich vor allem in Serien, die sie gelegentlich auch in Buchform veröffentlicht. The Babies (2001) ist eine Fotoreihe mit einem Text der amerikanischen Theoretikerin Susan Sontag, die selbst nüchterne Betrachterinnen irritiert. Sie zeigt Fetischistinnen, die sich als Babys verkleiden. Borland gelang es, Kontakt zum Club „Hush-a-Bye Baby“ aufzunehmen, der diesem Fetisch nachgeht, und das Vertrauen seiner Mitglieder zu gewinnen. Wir sehen tanzende „Babys“ in Babykleidung mit alten, abgenutzten Beinen, die unter den Stramplern hervorschauen, oder einen älteren Mann mit Schnuller, der in einer Schaumbadewanne liegt („Julianne in bath at home“).

Ebenso befremdlich sind die Fotografien der Serie Smudge, in der Menschen meist frontal vor einem neutralen Hintergrund posieren. Doch diese Figuren haben nur noch wenig mit realen Menschen gemein – sie erinnern eher an eine Welt der Mythen, Legenden und Fantasien: ein Löwenkopf auf einem Frauenkörper mit übergroßen, ausgestopften Brüsten; ein Männerkörper mit wallendem blondem Haar, aus dem eine Nase in Penisform herausragt; ein Mann in einem Overall aus durchsichtigem Stoff, gefüllt mit Wattebäuschen – Perücken, Polsterungen, Pelze und ein Gesicht, dessen Augen durch Karottenhörner ersetzt wurden. Eine Welt am Rande des Kitschs. Doch warum nicht? Wie Borland selbst sagt: Kitsch habe sie schon immer angezogen.

Text von Noemi Smolik