Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualiseren Sie auf Edge, Chrome, Firefox.

Roland Fischer Roland Fischer

Geboren 1958 in Saarbrücken, Deutschland, lebt in München

Fotografie, als Erfindung des 19. Jahrhunderts, also einer Zeit, in der die naive positivistisch-materialistische Weltanschauung als fortschrittlich galt, wurde automatisch die Rolle der Dokumentation zugeschrieben. Sie sollte der Spiegel der greifbaren Form der Realität werden. Auch heute noch wird Fotografie allgemein mit der Dokumentation der Realität in Verbindung gebracht.

Roland Fischer ist ein Fotograf, der, wie er selbst sagt, überhaupt nicht an der dokumentarischen Natur der Fotografie interessiert ist. Aber was ist ein Foto für ihn, wenn es kein Dokument ist? Fischer fotografiert in Serien. Vielleicht die bekannteste seiner Serien ist „Mönche und Nonnen“, die zwischen 1983 und 1987 in 50 französischen Klöstern entstanden ist. Die Gesichter der Nonnen und Mönche, die die gesamte Fläche der Fotografien einnehmen, sind in Nahaufnahme eingefangen, ihre Augen sind direkt auf das Objektiv gerichtet. Ihre Züge sind scharf, und der Hintergrund der Fotos ist neutral. So werden Fotografien für Pässe oder offizielle Dokumente gemacht. Dennoch sind die Aufnahmen etwas ungewöhnlich, auffällig, in gewisser Weise provokativ.

Eine weitere Serie von Fischer, „Kathedralen“, konzentriert sich hauptsächlich auf die Außen- und Innenansichten gotischer Kathedralen, immer so, dass ihre architektonische Form die gesamte Fläche der Fotografien ausfüllt. Sie verwandeln sich in abstrakte Bilder, die mit ihrem eigenartigen sakralen Charakter durchzogen sind. Einen ähnlichen Effekt erzeugen viele seiner Fotografien, die sich mit arabischer Ornamentarchitektur befassen, wie sie typisch für die Alhambra in Spanien ist. Eine andere Serie trägt den Titel „Chinese Pool Portraits“ und zeigt Mädchen, die bis zum Hals im Wasser stehen. Die Konturen ihrer Gesichter, manchmal im Profil aufgenommen, heben sich scharf ab, als wären sie aus dem Wasser, das sie umgibt, herausgemeißelt. Ähnlich wie die Porträts von Nonnen und Mönchen haben diese Bilder von chinesischen Mädchen einen eigenartigen Charakter. Es sind keine Fotografien, wie wir sie aus den glänzenden Seiten von Magazinen kennen. Und schließlich zeigt Fischers Serie „Fassaden“ geometrisch und farbig strukturierte Fassaden von Gebäuden, meist aus Asien, die sich durch die Linse des Künstlers in abstrakte Oberflächen verwandeln, die modernen abstrakten Gemälden ähneln. Tatsächlich Bilder. Und genau darum geht es. Fischers Fotografien sind Bilder, die nicht auf etwas Außenstehendes Bezug nehmen – was die Annahme der Dokumentation wäre –, sondern die ihr eigenes Leben haben. Fischer erklärt, dass er bei den Mönchen und Nonnen dasselbe Ziel verfolgt wie bei den Fassaden: ein Bild, das das Greifbare mit dem Gedanken und Bild juxtapositioniert und mehr ist als ein Dokument.

Text von Noemi Smolik