Geboren 1968 in Cuxhaven, Deutschland, lebt in Los Angeles und Berlin
„Zufall in meiner Arbeit ist wie Zufall in meinem Leben. Alles in meinem Leben bis jetzt ist durch Zufall passiert, und meistens war es gut. Ich lasse den Zufall geschehen, und genauso lasse ich den Zufall in meiner Fotografie geschehen. Ich arbeite mit ihm und versuche, den Zufall zu perfektionieren.“ Zufall, wie die Künstlerin Stefanie Schneider ihn in Bezug auf ihre Kunst und ihr Leben beschreibt, spiegelt sich sowohl im Material als auch im Thema ihrer fotografischen Werke wider. Zufällig stieß Schneider auf ein Paket abgelaufener Polaroid-Filme, die so günstig waren, dass sie sie kaufte, obwohl sie nicht einmal die richtige Kamera hatte. Die chemische Verschlechterung des Films macht sich in der fehlerhaften Entwicklung bemerkbar. Die Polaroids sind verschmiert, fleckig, unscharf, mit ungleichmäßiger, oft verblasster Farbwiedergabe. Schneider fängt den vorübergehenden Zustand des laufenden Entwicklungsprozesses in vergrößerten Fotografien der Polaroids ein. Die einzelnen Fotografien und Serien wurden im amerikanischen Südwesten aufgenommen, wohin sie nach ihrem Studium ursprünglich gereist war, um als Film-Editorin zu arbeiten. In ihrer Ästhetik und Thematik erinnert die scheinbare „Patina“ auf ihren Bildern und Szenen von permissiver Sexualität in der Trailerpark-Umgebung der Peripherie an Szenen aus den Hippie-Gemeinschaften der siebziger Jahre (als Polaroids allgegenwärtig waren). Tatsächlich wurden diese fotografischen Sequenzen, die wie Filmszenen wirken und Titel wie „Sucking and Brushing“ oder „Bells Ringing“ tragen, jedoch im Jahr 2005 gemacht und reflektieren den trüben und monotonen amerikanischen Lebensstil in den Randgebieten der Vororte sowie in Wüsten- und Strauchlandschaften. In diesem Jahr schuf Schneider eine Serie von Arbeiten, die auf einer Affäre mit einem Mann basierten, den sie über das Internet bat, fünf Wochen mit ihr in der Wüste Südkaliforniens zu verbringen. Die entstandenen fotografischen Romane „Hitchhikers“, „Sidewinder“ und „René’s Dream“ dokumentieren die emotionale und sexuelle Entwicklung dieser Begegnung und werden von Musik und poetischen Texten auf DVD begleitet. Schneider lässt den Zufall des Lebens kreativ in ihre künstlerische Arbeit eingreifen – die wiederum kreativ in ihr Leben eingreift. Zufall ist somit – wie in ihren Foto-Projekten, bei denen sie Freunde oder Schauspieler einlädt und den Ereignissen ihren Lauf lässt – von einer Anordnung von Konstellationen vorausgegangen. Vielleicht meint sie das, wenn sie davon spricht, den Zufall zu perfektionieren.
Text von Cora Waschke