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Walter Niedermayr Walter Niedermayr

Geboren 1952 in Bozen, wohnhaft in Bozen, Schweiz

Die Fotos von Walter Niedermayr beweisen, dass Fotografie täuschen kann. Auf den ersten Blick sehen seine Fotos aus wie echte Dokumente einer perfekten Welt, ähnlich der Welt der Werbung. Bei genauerem Hinsehen wird es jedoch nicht so klar. Wie ist es möglich, dass seine Fotos so lebendig und hell sind? Und woher hat er so viele Menschen? Und was ist mit den Gebäuden, die nicht ins Landschaftsbild zu passen scheinen?

Seit 1985 fotografiert Walter Niedermayr die Alpenlandschaft, bevorzugt im Winter. Das makellose Weiß des frisch gefallenen Schnees suggeriert Reinheit. Gibt es noch eine Landschaft, die nicht vom Menschen berührt wurde? Niedermayr glaubt, dass es diese nicht mehr gibt. Der Mensch hat sich unwiderruflich in die Natur eingeprägt, selbst in die alpine Landschaft. Dies lässt sich überall erkennen, mit all den Skiliften, Pisten und meteorologischen Stationen. Niedermayrs Fotografien aus der Serie „Alpine Landschaften“ zeigen ästhetisch perfekte Ansichten, aber Vorsicht: Es ist alles nur eine glänzende Illusion. Obwohl die Fotos auf der Realität basieren, sind die Endergebnisse fast fiktiv konstruiert: Die Gebäude ähneln Bausteinen, als hätten sie sich zufällig in dieser ansonsten unberührten Landschaft niedergelassen; die Menschen erscheinen wie Puppen in einem Theater, fremd nicht nur der Landschaft, sondern auch sich selbst. Und was ist mit dem Licht und den Farben – in der Regel fotografiert Niedermayr eine bereits glitzernde Schneelandschaft, doch die meisten Aufnahmen sind absichtlich überbelichtet, sodass die Landschaft kalt und transparent wirkt.

Eine weitere seiner Serien, „Raumfolgen“ (2001–2004), hinterlässt ebenfalls einen kalten, sterilen, fast antiseptischen Eindruck. Sie enthält Krankenhausräume: Flure, Treppenhäuser, Krankenhauszimmer, Kantinen, jedoch ohne die Präsenz von Menschen, ab und zu ist eine entfernte Figur zu erkennen. Es ist, als ob alle Lebensformen aus diesen Räumen verschwunden wären und von Perfektion und fast schmerzhaftem Glanz ersetzt worden wären (wiederum durch die überbelichteten Aufnahmen verstärkt). Neben Krankenhäusern interessierte er sich auch für Gefängnisse. 2003 machte er Fotos im Berliner Tegel, im österreichischen Stein-Krem und in einem Jugendgefängnis in Gerasdorf bei Wien. Ähnlich wie bei seinen vorherigen Fotos strahlen auch diese eine latente Bedrohung und eine Art unmenschliche Trübsinnigkeit aus, die durch kaltes, unempfindliches Licht verursacht wird. Es war kein Zufall, dass ein deutscher Kritiker einmal Niedermayrs Fotos als die „Typologie der Kälte“ bezeichnete.

Text von Noemi Smolik