Geboren 1948 in Jugoslawien, lebt in Berlin
Nina Hoffmann ist Porträtmalerin, was heute eher selten vorkommt. Obwohl Porträts in Europa eine lange Geschichte haben, vom frühen Renaissancezeitraum bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, scheint die moderne Kunst Porträts zu vermeiden, besonders nach dem Zweiten Weltkrieg. Die repräsentative Funktion der Kunst war so grundlegend erschüttert, und Porträts hatten diese Funktion besonders erfüllt. Zudem wurde seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Aufgabe der Porträtkunst zunehmend von der Fotografie übernommen. Wer lässt sich heute noch ein Porträt mit Farbe und Pinsel anfertigen?
Nina Hoffmann fertigt auch nicht direkt Porträts an. Ihre gemalten Porträts entstehen aus Fotografien, die sie in der Presse findet, oder sie fotografiert ihre Sujets selbst – wie ihre Tochter und Freunde. Diese Fotos überträgt sie dann auf eine große Leinwand. Auf diese Weise hat sie eine Reihe von Porträts berühmter Persönlichkeiten geschaffen, wie Michael Jackson oder Kate Moss. Mehrere Porträts dieser skandalumwitterten, aber zerbrechlich wirkenden Modells hat sie geschaffen. Die Porträts fokussieren hauptsächlich das Gesicht und erzeugen ein starkes Gefühl der Verletzlichkeit. Dies erreicht die Künstlerin, indem sie das Gesicht des Modells hinter einer Art Schleier aus verwischten Farben verbirgt und durch ihre Materialwahl: Im Gegensatz zu den alten Porträtmalern, die die Verstorbenen darstellten, verwendet sie keine Wachsmalfarben. Ihre Gemälde erzeugen eine ungewöhnliche Transparenz.
Porträts von Mädchen in nostalgischer Kleidung sind ebenfalls typisch für Hoffmann, inspiriert durch die Fotos ihrer Tochter. Ein solches Porträt aus dem Jahr 2006, mit dem Titel „Kardinalette“, zeigt ein Mädchen in einer selbstbewussten Pose, das in Blau gekleidet ist; die Figur des Mädchens hebt sich deutlich vom leeren Hintergrund ab, der nur aus grünlich-braunen Farben besteht. Ihr Blick ist provokant, fast spöttisch. Alle Elemente erinnern an Barockporträts, nicht nur der Blick, sondern auch die Körperhaltung und die Kleidung. So malte Rubens Maria de Medici. Als wolle die Künstlerin mit ihren eigenen Porträts einen Kommentar zur jahrhundertealten Tradition der Porträtmalerei abgeben und die Frage stellen: Inwieweit sind solche Porträts noch ein Ausdruck von Individualität? Sind sie nur eine soziale Repräsentation, bei der Kleidung, Gesten und Mimik wichtiger sind als die Individualität? In Hoffmanns Porträts liegt der Fokus immer auf den Augen. Sie ziehen die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich, wahrnehmbar, als wären sie in einer Schicht melancholischer Farben eingefangen. Und es sind die Augen, die diese unverwechselbare Individualität festhalten und die diese Porträts so einzigartig machen.
Text von Noemi Smolik